Es ist Samstag früh um 01:30 Uhr. Noch sitze ich in meiner Stammkneipe. Ein kurzer Blick auf die Wettervorhersage macht mir jedoch eines klar: Es wird eine kurze Nacht.
Der späte Sonnenaufgang im Winter -die blaue Stunde beginnt um kurz nach 7:00- kommt mir entgegen, dennoch bin ich ziemlich erschlagen als mein Wecker klingelt. Ein kurzer Blick auf die Webcam der Wasserkuppe und ich weiß, dass ich meine Entscheidung nicht bereuen werde. Noch ist es Nacht, doch es ist zu erkennen, dass eine klare Sicht herrscht. Der erste Schein der Sonne am Horizont sieht ebenfalls vielversprechend aus.
Ich verzichte auf den rituellen Kaffee und mache mich gleich auf den Weg.
Als ich auf dem Parkplatz ankomme, zeigt das Thermometer meines Autos -7° an. Noch habe ich keine klare Vorstellung davon, was ich fotografieren will, schwanke zwischen der Abtsrodaer Kuppe und dem Radom. Ich entscheide mich für letzteres, denn der Sonnenaufgang ist bei ca. 125° vom Radom aus viel besser zu sehen.
Die Schneeverwehungen sind stellenweise knietief, die Bäume, Sträucher, Gräser und Zäune sind wie mit Puderzucker überzogen. Der Zaun, der den Flugplatz begrenzt, wird mein erstes Motiv des Tages.
Ich bin es gewohnt alleine zu sein, wenn ich in der Rhön fotografieren gehe. Abgesehen davon, wenn ich mich mit Anderen verabrede, versteht sich. Es ist jedoch wirklich eine Seltenheit, dass ich mal einem anderen Fotografen ungeplant über den Weg laufe. Doch heute ist es anders. Allein am Radom begegne ich drei weiteren in das Fotografieren vertieften, kälteresistenten Frühaufstehern.
Der Wind, der die Wasserkuppe zum Berg der Flieger macht, zeigt mir seine künstlerischen Fähigkeiten. Es ist nicht eine reine Fläche aus Schnee, die er gebildet hat, sondern mehr ein Meer aus Skulpturen aus Schnee und Eis.
Die Sonne zeigt sich zum Beginn der goldenen Stunde als rote Sichel am Horizont, vom Radom aus gesehen direkt über dem Heidelstein. Die ersten Sonnenstrahlen fallen auf die Eisfiguren und tauchen sie in ihr warmes Licht. Aus dieser Szenerie entsteht meine nächste Komposition.
Auf der Suche nach weiteren Motiven begebe ich mich langsam Richtung Abtsrodaer Kuppe in der Hoffnung die markanten Felsformationen als Motiv nutzen zu können. Unterwegs ergibt sich ein wunderschöner Blick auf die Milseburg, begleitet von den eisigen Strukturen.
Die Abtrsrodaer Kuppe erreiche ich zu spät. Mir ist jemand zuvor gekommen und die Kuppe ist mit Fußspuren übersät. Doch Interessantes ist auch so zu finden. Daher wiederhole ich eine Aufnahme, die ich in herbstlicher Stimmung geschossen habe, nun mit dem ersten Schnee des Jahres.
Nach Ende der goldenen Stunde, als das Licht härter wird, mache ich mich mit kalten Fingern auf den Rückweg zum Auto. Die Wasserkuppe füllt sich mit Leben, Snowkiter und Gleitschirmflieger säumen die Landschaft. Für die Windsportler beginnt der Tag, ich hingegen fahre wieder nach Hause und hole den versäumten Schlaf nach.
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