Uganda habe ich von zwei Seiten erlebt. Die Menschen, so wie sie sind und leben (siehe How are you, Mzungu?). Und das Land, das man als Tourist zu Gesicht bekommt.
Abgeholt werden wir direkt in unserem Hotel in Mbarara. Der Fahrer stellt sich mit dem eher ungewöhnlichen Namen No vor – „it´s what my mother said first when I was born“- vor und wir fahren mit einem alten Toyota ohne funktionierende Sicherheitsgurte, aber mit Pop-Up Roof, in Richtung des Queen Elisabeth National Park.
Wir verbringen mehrere Stunden auf den ugandischen Straßen. Ein Ort wirkt wie der andere. Die Gebäude sehen sich alle ähnlich, die Häuserfronten dienen als Werbeflächen. Handbemalt und bunt dominieren die großen amerikanischen Softdrink-Hersteller neben Mobilfunkanbietern und Haarglättungsmitteln das Bild.
Auf dem Weg fahren wir durch verschiedene Distrikte, die früher zum Königreich Ankole gehörten. Es ist eine Region bekannt für ihre Teeplantagen. Wie ein grüner Teppich legen sich die Teefelder über die hügelige Landschaft.
Wir lassen die Teeplantagen hinter uns und erreichen die weitläufige Steppenlandschaft des Nationalparks. Die Straßenverhältnisse werden schlagartig schlechter. No fährt langsam und kontrolliert, aber aus der Ferne muss es aussehen, als ob er betrunken wäre. Er nutzt die komplette Breite der Straße, um die Fahrt für uns so angenehm wie möglich zu machen.
Das erste Ziel unserer Safari ist ein Salzsee, eine der beiden Einkommensquellen für die in dem Nationalpark lebenden Menschen. Der Anblick ist spektakulär, das Wasser aber so hochkonzentriert salzhaltig, das kaum ein Leben darin möglich, wenn nicht sogar unmöglich, ist.
Als nächstes erleben wir direkt eine Überraschung: Eigentlich ist es nicht die Saison, doch wir stoßen auf eine große Gruppe Flamingos. No fährt uns so nahe wie möglich an den See und die Vögel heran. Wir haben eine der wenigen Möglichkeiten das Auto zu verlassen, nähern uns den Vögeln, aber scheu wie sie sind, machen sie sich gleich auf die andere Seeseite auf.
Safaris, eine schöne Sache, ja. Doch aus meiner Sicht als Fotograf eher zweischneidig. Es ist ein leichtes ein Bild zu verwackeln, da man sich die ganze Zeit in einem Fahrzeug befindet, in dem sich Menschen bewegen und das sich natürlich selbst auch bewegt. Ich habe nicht die Ruhe, die ich mir sonst gönne, wenn ich fotografiere. Ich muss schnell agieren, schnell überprüfen, ob die Bilder etwas geworden sind, noch bevor No fragt, „OK?“ und das Auto schon dabei ist, wieder weiter zu fahren.
Um in diesen Situationen doch halbwegs passable Bilder machen zu können, habe ich gewisse Vorkehrungen getroffen. Ich fotografiere nur mit Offenblende und meinem 70-200mm F4 Objektiv, habe meinen favorisierten Fokuspunkt ausgewählt und die Kamera auf Zeitautomatik. All das gibt mir das kleine bisschen Luft, um mir Gedanken um die Komposition zu machen und die richtigen Momente abzupassen.
Wegen der staubigen Straßen habe ich die Kamera die ganze Zeit in einem wasser- und staubdichten Packsack, nur wenn wir halten und sich die Staubwolke nach dem Bremsen gelegt hat, hole ich die Kamera hervor. Eine etwas lästige Vorgehensweise, doch Zeit, zwischenzeitlich noch die Linsen zu reinigen, bleibt nicht.
Normalerweise verwende ich keine Schutzfilter für meine Objektive. In den üblichen Landschaftssituationen sind diese meines Erachtens nach nicht notwendig – wenn man nicht gerade tollpatschig mit seiner Ausrüstung umgeht. Doch wegen des feinen Staubs, der in Uganda allgegenwärtig ist, sich in jeder Pore meiner Haut festsetzt und gefühlt alles mit einem zarten Schleier überdeckt, habe ich mir für diese Reise einfache UV-Filter besorgt, die hier einem doppelten Zweck dienen.
Auf dem Weg vom Salzsee zu unserer Unterkunft kommen wir das erste Mal einem Elefanten richtig nahe. Es handelt sich um einen jungen Bullen, der sich direkt am Straßenrand an den schmackhaften Blättern der Sträucher genüsslich tut. No fährt sehr langsam auf den Elefanten zu und versucht, ihn nicht zu sehr aufzuscheuchen. Es funktioniert, wir kommen erstaunlich nahe, auch wenn wir hauptsächlich ein gewaltiges Hinterteil gezeigt bekommen.
Nach einigen Minuten zeigt sich der Bulle doch etwas von uns gestört und wird unruhig. No startet den Wagen und wir machen uns wieder auf den Weg.
Wir kommen in unserer Unterkunft, einer Bush Lodge, an und erhalten das obligatorische Briefing. Wir werden auf die Anwesenheit von Wildtieren hingewiesen und sollen stets mit einem bewaffneten Guard herumlaufen. Es heißt, der nächtliche Besuch von Großwild und Großkatzen sei eher die Regel als die Ausnahme. Mit diesem Wissen verschwinden wir in unsere von Strohdächern überspannten Zelte und lauschen den Geräuschen der Nacht.
Der Wecker klingelt früh. No hat uns angewiesen, bereits um 6 Uhr am Fahrzeug zu sein (Mzungu time, nicht african time wohl bemerkt). Geweckt werden wir von einem Geräusch, das sich am besten mit einer grasenden Kuh, nur lauter, beschreiben lässt. Es dämmert bereits, ich öffne den Reißverschluss des Zeltes und versuche zu erkennen, was es mit den Geräuschen auf sich hat.
Zu meiner großen Überraschung handelt es ich um ein Baby-Nilpferd, das genüsslich neben unserem Zelt grast. Leider ist es noch zu dunkel, um ein Bild davon zu schießen, und binnen weniger Minuten ist es auch schon wieder verschwunden.
Am Frühstückstisch erzählen uns die Angestellten der Lodge, dass kurz zuvor ein Elefant durch das Camp gestampft sei.
Pünktlich um sechs geht es los zum Game Drive. Auch wenn der Name etwas anderes andeutet, hat es nichts mit Jagd zu tun. Wir sammeln eine Rangerin auf und fahren mit ihr hinaus in die Savanne. Noch liegt alles im Dunst, aber schnell treffen wir auf die ersten Wildtiere.
Wie mit Adleraugen durchforstet unsere Rangerin das umliegende Gelände und spottet Tiere, die so gut versteckt sind, dass ich sie wohl nicht gesehen hätte, wenn ich direkt daneben gestanden hätte.
Höhepunkt des Game Drives ist mit Abstand der Moment, als es vom Beifahrersitz nach hinten schallt „O my God, Yes Yes Yes, God is great, God is great“ – Auf knappe 50 Meter Entfernung hat unsere Rangerin einen Leoparden entdeckt. Die Wildkatze, die so scheu ist, dass man die Anzahl der im Nationalpark lebenden Individuen nicht mal schätzen kann, so selten sind sie zu sehen. No fährt uns nahe heran und wir haben einige Minuten Zeit, bevor sich weitere Autos nähern, um die Wildkatze zu sehen.
Nach dem Game Drive steht eine Bootsfahrt auf dem Kazinga Channel auf dem Programm. Gemeinsam mit etwa 40 anderen Reisenden fahren wir das Ufer des Kanals, der Lake Edward und Lake Georg miteinander verbindet, entlang. Das Ufer ist gesäumt von Büffeln und Nilpferden, die umschwärmt werden von schwarz-weißen Eisvögeln.
Wir erreichen Lake Edward und werden dabei von Fischern begleitet, die sich rudernder Weise auf den See begeben. Die zweite der erlaubten Einnahmequellen der im Nationalpark ansässigen Menschen – das Fischen. Von unserem Guide erfahren wir, dass die Fischer die ganze Nacht auf dem See verbringen, um die beste Zeit zum Fischen abpassen zu können. Am frühen Morgen kehren sie mit ihrer Beute zum Dorf zurück.
Wir verbringen eine weitere Nacht in der Bush Lodge. No sorgt für einigen Trouble unter den Angestellten, da er uns anweist, bereits um halb sechs am Auto zu sein. Nur für uns wird das Frühstück vorgezogen. Seine Eile hat aber einen guten Grund, denn heute Abend wollen wir wieder zurück in Kampala, der ugandischen Hauptstadt, sein. Vorher steht jedoch noch das Schimpansen-Trekking auf dem Programm.
Wir fahren etwa eine Stunde, bis wir aus der Savannen-Landschaft heraus und in der hügeligen Dschungel-Region des Kalinzu Forest sind.
Ein kurzes Briefing bereitet uns auf das Trekking vor. Ausgestattet mit ausreichend Wasser, Regenjacken und Kameras machen wir uns auf den Weg in den Dschungel. Während wir laufen, bekommen wir eine Vielzahl von Informationen über die Flora und Fauna erzählt, doch meistens dreht es sich um die Schimpansen. Es dauert nicht lange und wir stoßen auf eine Gruppe von etwa 15 der Menschenaffen. Ich bin überrascht, wie schnell wir sie gefunden haben, denn das Trekking ist eigentlich auf drei Stunden angelegt. Wir verbringen etwa ein Stunde bei den Tieren und es wird relativ schnell klar, wofür wir die Regenjacken brauchen. Unsere nächsten Artverwandten pinkeln nämlich in einer Tour die Bäume herunter und man weiß nie, wann es einen trifft. Zum Glück bleiben wir aber verschont. Getroffen wird unsere Gruppe jedoch von ausgelutschten Feigen, die ebenfalls in einer Tour aus den Bäumen fallen.
Auf dem Weg zurück zum Ausgangspunkt haben wir noch die Chance einige andere Affen, wie zum Beispiel Rotschwanzaffen, zu sehen.
Nach dem Trekking geht es schon wieder zurück nach Kampala. Wieder durchqueren wir die Tee-Plantagen, bevor wir durch die stets gleich wirkenden Ortschaften fahren.
Nach wenigen Stunden hält No noch kurz an. Auf einem Fußballfeld außerhalb einer Ortschaft grast eine Herde Zebras.
Wir verbringen noch eine Nacht in Kampala. Gegen Mittag bringt uns ein Fahrer zum Flughafen in Entebbe.
Voller Eindrücke und dem Wissen, dass ich wieder zurück kommen werde, steig ich in Frankfurt aus dem Flieger. Das Kapitel Uganda ist für mich noch lange nicht abgeschlossen.