Wie kommt man darauf spontan nach Schottland zu fahren? Es begann mit dem Genuss eines schottischen Whiskys bei einem gemütlichen Abend unter Freunden. Beim Blick auf das Etikett der Flasche fiel der Satz – „Schau mal, der Whisky ist von der Isle of Skye. Da wollte ich schon immer mal hin“.
Ein wenig Planung bezüglich der Transportmittel, ein paar Orte im Kopf, die man unbedingt sehen will und schon ging es los. Wir entschieden uns mit dem Auto zu fahren, denn Fliegen ist etwas aus der Mode gekommen. Es sollte also die Fähre von Calais nach Dover sein und am Anreisetag bis nach Liverpool gehen.
Schottische Schlößer
Von Liverpool aus fuhren wir noch ein paar Stunden weiter, bis wir endlich die Schottische Grenze erreichten. Die Landschaft, die zuvor einfach nur flach und unscheinbar wirkte, wandelte sich merklich. Es wurde bergiger und karger um uns herum. Kaum, dass wir am ersten großen See, Loch Lomond, angekommen waren hielten wir an, um die Aussicht und die Natur zu genießen.
Unser Ziel für den Tag war bis nach Oban zu fahren, um von dort aus weiter zu sehen. Auf dem Weg dorthin trafen wir auf das erste schottische Schloss unserer Reise. Es sollten noch viele folgen.
Glen Coe und Fort Wiliam
Auf dem langen Weg zur Isle of Skye machten wir an der ein oder anderen Stelle halt. Beispielsweise in Glen Coe, wo wir den Berg Bidean nam Bian bestiegen. Glen Coe ist für das fürcherliche Gemetzel, das an dem Clan der McDonalds verübt wurde, bekannt und die Wanderung auf den Bidean nam Bian trägt den Beinamen „Über dem Tal der Tränen“.
Der steile Aufstieg von knapp 1000 Höhenmetern ging uns gewaltig in die Beine. Vorallem da wir zuvor nur im Auto gesessen hatten. Daher gönnten wir uns am Gipfel standesgemäß einen schottischen Whisky und genossen den Ausblick solange, bis der Nebel uns gänzlich eingehüllt hatte.
Wandern in Schottland ist ein wenig anders, als ich es gewöhnt bin. Ist die Rhön beispielsweise übersät mit unzähligen Schildern und norwegische Wege nur mit roten T´s markiert, so findet man in Schottland einfach mal überhaupt keine Markierungen. Man muss also wissen, was man tut und es wird stets empfohlen mit Karte und Kompass unterwegs zu sein. Dass man damit auch umgehen können sollte, ist dabei selbstverständlich.
Die darauf folgende Nacht verbrachten wir in Fort William. Das Wetter für den Sonnenaufgang sah vielversprechend aus, daher machten wir uns zeitig auf den Weg. Belohnt wurden wir mit Nebelschwaden und feurig roten Bergrücken ein wenig westlich von Fort William am Loch Eil.
Isle of Skye
Als wir nach einer kurzen Fährfahrt Fuß auf die Isle of Skye setzen, war unsere Freude groß. Der Weg war zwar das Ziel, doch die Isle of Skye war das, was wir vor allem sehen wollten.
Nach einem kurzen Stopp in Sligachan besuchten wir die Talisker Distillery, um die Herkunft des Whiskys zu erkunden, der uns zu unserer Reise inspiriert hatte.
Bei der Führung durch die Destille habe ich gelernt, das Whisky einen eigenen Microcosmos hat, voller Aromen und Geschmäcker, leidenschaftlichem Handwerk und unglaublich hohen Preisen für entsprechend alte Whiskys.
Talisker Bay
Nicht weit entfernt liegt die Talisker Bay, wo die Destille ursprünglich ihren Standort hatte. Heute ist es nur noch eine Ansammlung von ein paar Häusern und Höfen in einer ausgesprochen ansprechenden Bucht. Umschlossen von steilen Hängen aus Basalt, dem atlantischen Wind ausgesetzt, prescht das Meer auf schwarzen Sand und rund gewaschene schwarze Blöcke. Ähnlich wie meine rhöner Heimat ist Schottland vulkanischen Ursprungs. Kein Wunder, dass es mir hier so gut gefällt.
Achtung Meerwasser
Für meine Bilder brauchte ich die kommende Flut, doch war das auch die größte Gefahr. Immer wieder kam eine etwas größere Welle, überspülte meine Schuhe und mein Stativ. In einem Moment konnte ich die Kamera noch gerade so nach oben reißen, um sie vor dem Wasser zu retten. Da die Kamera noch dabei war zu belichten, kam das hier heraus.
Old Men of Storr
Nach Sonnenuntergang fuhren wir bis nach Portree. Ganz in der Nähe liegt der berühmte Old Men of Storr. Eine Felsformation die so besonders ist, dass sie bereits als Kullise für mehrere Spielfilme gedient hat.
Wegen der schlechten Wettervorhersage verzichteten wir auf den Sonnenaufgang und fuhren erst am frühen Vormittag zum Old Men of Storr. Wir wollten die geeigneten Positionen zum Fotografieren ausfindig machen und vor allem herausfinden, wie lange es dauern würde zu Fuß zu ihnen zu gelangen. Denn für den darauffolgenden Morgen sahen die Wetterkarten äußerst vielversprechend aus.
Erkundungsaufstieg zum Old Men of Storr
Der alte Mann versteckte sich lange im Nebel, während wir uns ihm näherten. Doch als wir fast zu seinem Fuße standen, lichtete es sich etwas und die knapp 50 Meter hohe Gesteinssäule zeigte sich in ihrer vollen Gestalt.
Wir stiegen weiter nach oben, am Old Men of Storr vorbei, bis zu einer plateauartigen Anhöhe von der man eine perfekte Sicht auf die umliegende Szenerie hat. Das dachten nicht nur wir – trotz des Nebels und Regens standen wir mit ca. 10 weiteren Fotografen und Touristen dort oben. Der Wind auf der Anhöhe war bissig und kalt und während wir noch darauf warteten, dass sich der Nebel weiter lichtet, kamen und gingen immer mehr Menschen.
Das Warten hat sich aber gelohnt. Der Nebel lichtete sich weiter und ein wenig Sonne brach hindurch.
Da der Platz so beliebt ist, ist es sinnvoll direkt hier oben zu übernachten, um bei Sonnenaufgang gleich an Ort und Stelle zu sein. Wir erspähten einige geeignete Flächen und entschieden uns also am Abend noch einmal aufzusteigen.
Den Rest des Tages fuhren wir gemütlich die Küste entlang, um uns noch weitere Sehenswürdigkeiten anzusehen. Erstaunlicherweise wurde aus dem angekündigten Regentag, ein durchgängig sonniger und fast wolkenloser Tag.
Sonnenaufgang am Old Men of Storr
Nach Sonnenuntergang trafen wir wieder auf dem Parkplatz am Old Men ein. Ein Abendessen aus dem Gaskocher und ein schottisches Bier später ging es wieder bergauf zu dem Schlafplatz, den wir uns auserkoren hatten. Der Vollmond schien so hell, dass wir fast auf unsere Stirnlampen hätten verzichten können.
Im Gegensatz zu dem Rest von Europa, ist das wilde Zelten in Schottland nicht verboten. Lediglich an ein paar Grundregeln sollte man sich halten.
Am kommenden Morgen standen wir als erste Fotografen oben auf der Anhöhe. Ein paar Leute waren vor uns da und versuchten ihr Glück mit ihren Handykameras, gaben aber schnell wieder auf. Die Wetter-Radarkarten hatten recht behalten und der Sonnenaufgang war absolut atemberaubend.
Mit jeder Minute veränderte sich das Licht und die Farben. Als die Sonne dann durch die Wolkendecke brach, tauchte sie die Szenerie in rotgoldenes Licht.
Es war wieder fürchterlich windig und kalt. Der Wind blies so stark vom Meer her, dass ich gezwungen war mein Stativ so niedrig wie möglich einzustellen und den leichten Windschatten an der Abbruchkante des Plateaus auszunutzen. Nach über einer Stunde dort oben, waren meine Hände so kalt, dass ich kaum noch die Kamera vom Stativ nehmen konnte.
Lustige Ortsnamen
Bevor wir die Isle of Skye verließen, erlaubten wir uns noch den Spaß zu einer kleinen Ortschaft zu fahren. Ihr Name ist uns aufgefallen, als wir die Karte der Insel studierten. Aber leider hat „Peinlich“ kein Ortschild, das wir hätten fotografieren können.
Cairngorm Nationalpark
Wir nutzten den Tag um Kilometer zu machen und fuhren durch Inverness bis nach Aviemore am Fuße des Cairngorm Nationalparks.
Bei unserer Planung, hatten wir Cairngorm nicht auf dem Schirm. Eher war es so, dass wir keine günstige Unterkunft in Inverness gefunden haben und einfach weitergefahren sind. Aviemore und seine Umgebung haben sich aber als absolut sehenswert herausgestellt. Hier gibt es wunderschöne Wälder, Seen mit Sandstränden, Moore und karge Berge so weit das Auge reicht. Die herbstlichen Farben der Wälder taten ihr Übriges.
Northumberland – England
Damit ging unsere Schottlandreise auch schon zu Ende. Um rechtzeitig wieder an unserer gebuchten Fähre in Dover zu sein, fuhren wir weiter bis nach Alnwick in Northumberland – unweit der Stelle wo einst die Wikinger das erste Mal an Land gingen.
Ebenfalls nicht weit von Alnwick entfernt befindet sich Dustanburgh Castle. Eine Burgruine an einer steinigen Küstenlinie. Das Gestein ist, wie so vieles hier, vulkanischer Natur – durch die Gezeiten rundgeschliffen und glatt. Der Küstenweg der zum Schloss führt ist sehr eigentümlich. Auf der einen Seite brandet das Meer auf abertausende Basaltblöcke. Direkt angrenzend liegt ein Golfplatz mit penibelst geflegten Rasen. Am Weg finden sich zahlreiche Bunker und Geschützanlagen aus dem letzen Weltkrieg. Und all das übertrohnt durch eine Burgruine. Irgendwie surreal.
Heimweg
Wir verbrachten die letzte Nacht in einer kleinen Stadt names Loughborough. Aßen dort unsere letzten Fish´n Chips und genossen den Abend mit ein paar weltoffenen und fussballfanatischen Engländern in einem Pup.
Die Fahrt zur Fähre am nächsten Tag war geprägt durch Beatles im Ohr und dem Verarbeiten der zahlreichen neuen Eindrücke.
Resumé – Roadtrip Isle of Skye
Was soll ich sagen – Schottland ist ein Traum. Wunderschön und Wild. Herzliche und nette Menschen und eigentlich wollen sie alle in der EU bleiben. Auch die Briten, die ich unterwegs getroffen habe, waren einhellig der Meinung, dass der Brexit eine verdammt schlechte Idee sei.
Für alle, die ich unterwegs kennenlernen durfte – ich hoffe, dass England zur Besinnung kommt – denn auch wenn England gerne und oft der Außenseiter der EU war/ist, gehört es unweigerlich zur europäischen Familie.
Sad to see you go!