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Winter an der Nordsee – Friedrichskoog

Trischendamm Jacke GelbHimmel und Meer. Weite und raues Wetter. Kalter Wind, Nebel zum Schneiden dick und Regen, viel Regen – Winter an der Nordsee. Klingt nicht verlockend? Ist es aber! Denn wenn das Wetter am schlimmsten scheint, kommen Bilder zu Stande, die man sich nicht hätte erträumen können.

Für jemanden, der sich in den Bergen wohlfühlt, der sich nach wilder, schroffer und unwirtlicher Landschaft sehnt, scheint das Meer öde und langweilig. Keine Konturen, nur Weite. Keine Kanten, kein Profil. Jedoch ist es auch genau das, was die flache Küstenlandschaft an der Nordsee ausmacht. Schönheit findet man überall. Selbst da wo man es aus reiner Skepsis und Voreingenommenheit nicht vermuten würde. Man muss sich nur darauf einlassen.

Hoch im Norden

Ausgangsort ist Friedrichskoog Spitze, ein Feriendomizil nordwestlich von Hamburg – wenige Meter hinter dem Deich. In nur fünf Minuten ist man dem Wind unbarmherzig ausgesetzt. Dieser Winter ist hauptsächlich durch Regen und Nebel geprägt – geht nur Wind, hat man Glück.

Auf langen Erkundungsspaziergängen suchte ich nach Motiven – nach Interessantem, das sich lohnt einzufangen. Deswegen musste ich mich ganz darauf einlassen minimalistisch vorzugehen. Weniger ist oft mehr, gerade in der Fotografie. Einen Point of Interest oder Leading Lines für die Komposition zu haben, sind am Ende alles nur Empfehlungen. Darum ist es wichtig, einen Blick für das Schöne in der vermeintlichen Leere zu entwickeln. Genau das fiel furchtbar schwer.

Trischendamm_Friedrichskoog

Mehrere Tage in Folge war es einfach nur nass und grau. Meine Kamera blieb die meiste Zeit im Rucksack. In den wenigen günstigen Momenten entstanden dennoch einfache und schlichte Bilder.

Die Schöne und das Biest

Die Küste entlang der Kooge ist ein Naturschutzgebiet und gerade für Zugvögel ein wichtiger Rückzugsort. Inmitten dieser riesigen Schutzzone thront, mit einer fast göttlichen Präsenz, das Furunkel am Arsch unserer Zeit – eine Ölplattform. Durch ihre exponierte Lage ist sie immer in Sicht. Nachts leuchtet sie grell – tagsüber steht sie da wie ein Mahnmal der Großindustrie und selbst wenn es neblig ist, hört man die Pumpen arbeiten.

Das Öl ist der Segen der Wirtschaft, doch der Fluch unserer Umwelt und des Meeres. Informationstafeln weisen auf die großartigen Errungenschaften der Ölindustrie hin, während Plastikmüll im Naturschutzgebiet an Land getrieben wird.

Ölplattform - winter an der Nordsee

Hin und wieder stolperte ich über Drifter. Besser beschrieben als kleine nummerierte Holzstücke, mit denen das Verhalten von Treibgut im Meer studiert wird.

Doch wie genau funktioniert das? Auf dem Drifter befindet sich eine eindeutige Nummer, die man zusammen mit dem Fundort auf einer Web-Plattform angibt. Auch wenn der Mensch Ursache der Verschmutzung der Weltmeere ist, gibt es einiges, das in diesem Kontext noch unerforscht ist. Die Öffentlichkeit kann der Wissenschaft jedoch durch einen aufmerksamen Blick helfen, die Mechanismen und Verbreitung des Mülls besser zu verstehen. Wenn die Abläufe, die hinter der Verschmutzung stehen, klar sind, lässt sich das Problem besser angehen.

Wenn du mehr zum Projekt der Universität Oldenburg erfahren willst:

www.macroplastics.de

Drifter macroplastics.de

Land abgerungen vom Meer

Seit Jahrhunderten bewirtschaftet man an der Nordsee Boden, der einst Teil des Meeres war. Das Marschland konnte erst dadurch urbar gemacht werden, indem man Deiche um es herum aufschüttete. Doch wie wird verhindert, dass das Land, das nicht viel höher als der Meeresspiegel liegt, versumpft? Die weitläufigen Flächen sind systematisch durchzogen von Entwässerungsgräben – deren Inhalt bei Ebbe ins Meer abgeleitet wird. Ein kontinuierlicher Kampf zwischen Mensch und Natur.

Doch damit hört es nicht auf. Um weiteres Land zu gewinnen, werden lange Reihen von Pfosten in das Watt gerammt und ihre Zwischenräume mit dünnen Ästen durchwoben. Das Meerwasser trägt während der Flut Schlick und Sand an die Küste. Die weitläufigen Konstruktionen beruhigen das Wasser, wodurch sich der Schlick absetzt. Ganz langsam wird dem Meer, durch seine eigene Kraft, der Boden abgerungen.

Watt Sonnenuntergang

In Friedrichskoog Spitze wurde einst der Trischendamm gebaut. Er ist seltsam, denn er steht fast in einem 90°-Winkel zum Deich. Warum einen Damm bauen, der wie eine Nadel ins Meer ragt? Das Ziel war es zu verhindern, dass sich das Meer das mühsam erarbeitete Land wieder zurückholt. Ein sehr starker Priel sollte durch die Konstruktion entkräftet werden, um das Land zu schützen. Zudem wollte man eine Verbindung zu der vor der Küste liegenden Insel Trischen aufbauen.

Da der Bau des Damms und die Durchbrechung des Priels jedoch die Strömungsverhältnisse stark beeinträchtigten und sich nachteilig auf die Insel auswirkten, wurde der Bau nach 2200 Metern abgebrochen.

Auch wenn der Damm quasi ins Nichts führt, hat er eine anziehende Wirkung. Es ist ein Weg, der sich lohnt, denn auf dem Damm wird die Weite des Meeres erst wirklich deutlich.

Kuriosität am Rande

Wer über den Trischendamm läuft, dem könnte auffallen, dass dieser aus Basaltsäulen gebaut wurde. Ein Anblick, der mir als Rhöner sehr vertraut ist. Lustigerweise sind genau diese Steine seinerzeit in der Rhön abgebaut worden. Ich bin sozusagen in den Urlaub gefahren, um meine Heimat an der Nordsee wieder zu finden.

Trischendamm Jacke Gelb Nordsee

Fotografieren bei Wind

Geht starker Wind, kann es schwierig sein zu fotografieren.  Bilder verwackeln leicht, man steht selbst nicht stabil und weiß nie, wann die nächste Böe kommt. Daher ist es immer zu empfehlen,ein ordentliches Stativ zu verwenden. Will man wirklich scharfe und verwackelungsfreie Bilder, reicht das aber oft nicht aus. Dass ich häufig und gerne mit meinem 70-200mm fotografiere, macht es nicht leichter. Das etwas längere Objektiv ist nämlich besonders anfällig für Verwackeln und Wind.

Doch für jedes Problem gibt es eine Lösung. Wie verhindert man am besten, dass der Wind die Kamera verwackelt? Man stellt sich selbst so zur Kamera auf, dass sich die Kamera im Windschatten des eigenen Körpers befindet. Probiert es aus, es funktioniert.

Sternenhimmel über dem Deich

Das Meer zeichnet noch aus, das es keine Häuser und Straßen darauf gibt. Keiner Lichter keine Laternen die den Nachthimmel erhellen. Und wenn das Wetter mitspielt, der Himmel annähert wolkenlos ist, dann heißt es den Sternenhimmel zu fotografieren.

Direkt hinter dem Deich, der die Lichter von Friedrichskoog verdeckte, wurden der Sternenhimmel und die Milchstraße bereits sichtbar. Ich nahm den Weg, der den Deich entlang führt als Leading Line und positionierte die Milchstraße direkt darüber. Glücklicherweise stand sie hierfür günstig.

Nach einigen Versuchen, ohne einen wirklichen Point of Interest zu haben, stellte ich mich selbst in das Bild. Mit der Stirnlampe posierte ich auf gut Glück und hoffte, dass ein vernünftiges Bilder heraus kommt. Der Himmel selbst war durch die Sterne erleuchtet, aber das Licht reichte nicht aus um auch den Vordergrund in Szene zu setzen. Daher machte ich zwei Aufnahmen. Eines das den Himmel perfekt belichtete und eines das den Vordergrund genug darstellte.

Milchstraße Damm

Im Nachgang legte ich die Bilder übereinander, damit Himmel und Vordergrund gleichwertig zur Geltung kommen.

Für das Fotografieren von Sternen empfehle ich Grundsätzlich mit Offenblende zu fotografieren. ISO 3200 und 20 sec. Belichtungszeit.

Ausgewählte Motive findest du als Postkarten und Prints in meinem Onlineshop.

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